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Glücklich verheiratet bis ans Ende ihrer Tage

„Rechts.“ sagte seine Frau, aber mit ihrer Links-Rechts-Schwäche konnte das jede Richtung sein. Horatio ging einfach in die Richtung, die ihm wahrscheinlich erschien, und Rosalinde traute sich nicht ihm zu widersprechen. „Hier ist nichts.“ sagte er nachdem sie nun weitere 5 Minuten gelaufen waren. ”Vielleicht hätten wir vorhin links gemusst. Entschuldige.“ sagte Rosalinde etwas leiser. „Das ist links.“ erwiderte Horatio. Komischerweise machte sie das ein bisschen stolz und sie lächelte. Für einen Moment fühlte sie die Strapazen nicht.

Warum mussten auch gleich beide Handys ausfallen. Ihres war leer und seines hatte keinen Empfang. Also kein Navigator, keine Maps. Er fühlte sich ein bisschen verloren, ließ sich das aber nicht anmerken. „Sollen wir zurück?“ fragte sie vorsichtig. Sie wusste wie störrisch ihr Mann sein konnte. „Eigentlich müsste es hier irgendwo sein!“ Da war er also, auf seinen Starrsinn war einfach Verlass. 

Cancún war keine große Stadt. Alles war eigentlich fußläufig zu erreichen, und sie hatten auch nur einen Spaziergang machen wollen. Aber um den Parque de las Papalas herum mussten sie irgendwo falsch abgebogen sein. Jetzt jedenfalls standen sie auf einer staubigen Straße, die ins Nichts zu führen schien, und von ihrem Hotel war meilenweit nichts zu sehen.

„Hier, nimm etwas Wasser für deinen Kopf.“ Rosalinde befeuchtete ein Tuch mit dem letzten Wasser aus ihrer Plastikflasche. Auch wenn es schon 17 Uhr war, brannte die Sonne noch unerbittlich. Sie wollte es ihm gerade reichen, damit er seinen recht kahlen Kopf damit ein bisschen bedecken und kühlen konnte, als sein wütender Blick sie gerade noch rechtzeitig davon abhielt.

„Hast du jetzt das letzte Wasser vergeudet damit ich mir den Schweiß abwische?“ fragte er unzweifelhaft tadelnd, als wären sie nun zum Tode verurteilt in der Wüste zu verenden. Mit kurzer Verzögerung holte sie eine weitere, ungeöffnete Plastikflasche aus ihrer Umhängetasche. „Du kannst auch etwas trinken.“ - Er riss ihr wortlos das befeuchtete Tuch aus der Hand und legte es sich zur Kühlung auf den Kopf. Aber er war peinlich besorgt auf keinen Fall dankbar auszusehen.

Wo mochten Sie nur sein. Nach seinen Berechnungen hätten sie jetzt mittlerweile schon längst von hinten wieder an das Hotel gelangt sein müssen. Naja, Berechnungen. Es war allenfalls Bauchgefühle. Aber seine Frau konnte ja nichtmal links von rechts unterscheiden beschwichtigte er sich selbst. „Eigentlich müssten wir jetzt in etwa hinter dem Hotel sein.“ bemerkte er ruhig. „Vielleicht ist ja da hinter der Kuppe wieder die Straße und unser Hotel“.

Sie schaute eine ganze Weile in die Richtung, die er ihr zeigte. Dann sagte sie ruhig. „Aber die Sonne!“ - „Ach was!“ wischte er ihren Einwurf beiseite. „Es ist warm, ja! Aber wir können hier nicht wegen der Sonne den restlichen Tag warten bis es kühler wird! Also lass uns gehen.“ - „Nein, ich meine die Sonne. - Wenn wir irgendwo hinter dem Hotel wären müsste die Sonne doch von hinten kommen?!“

Für einen Moment verstand er nicht, was sie ihm sagen wollte, dann aber dämmerte es ihm, dass sie recht hatte. Das Hotel konnte gar nicht in dieser Richtung liegen. Trotzdem gab er nicht auf „ja, Gott nochmal, wir kommen halt ein bisschen seitlich.“ Er stand auf und stapfte trotzig in Richtung der Kuppe, die an der Spitze eine sanfte Kurve nach rechts machte. Er ging als Erster voran, seine Frau 5 Schritte dahinter, deswegen sah er es auch als Erster, als sie die Kuppe erreichten: das Meer!

Sie waren definitiv und unwiderruflich falsch hier! Panik stieg in ihm auf. Seine Frau schloss zu ihm auf. „Ist der Blick nicht wundeschön?“ versuchte er das Problem zu vernebeln. „Ja! Wunderschön!“ sagte sie lächelnd.

Er drehte sich zu ihr und versuchte ihren Gesichtsausdruck zu deuten. Rosa war noch immer eine wunderschöne Frau. Die Beste. Er fragte sich oft, warum eine Frau wie Rosa um Himmelswillen einen Mann wie ihn gewählt hatte und sogar glücklich damit schien. Sie hatte ein sehr symetrisches Gesicht, welches Ruhe und Gelassenheit aber auch Herzenswärme ausstrahlte. Und Ihr kastanienbraunes Haar glänzte in der Sonne wie ein Heiligenschein. Und 3cm über dem Heiligenschein sah er sie. Die eigenwilligen Türme der Parroquia de Cristo Resucitado Kirche con Cancún. Es mochten gut 3km von hier bis dorthin sein. Aber er wusste nun die Richtung. Ihr Hotel war in der absoluten Nähe der Kirche.

Er küsste sie leicht auf die Stirn. „Komm, lass uns gehen, es wird Zeit. Wir müssen uns nachher noch umziehen. Ich führe dich heute aus!“ Rosa schaute ihrem Mann in die Augen, und man sah förmlich ihre Zuneigung. Sie küsste ihn zärtlich auf den Mund und sagte. „Wo lang?“

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